Bettenhopping

Luxus ist verschiedene Matratzen zu haben, die in verschiedenen Zimmern gelegt werden können, um ein optimales Kuschel- Nähe und Erholungssystem zu finden.

(An der Erholung der Mama wird noch gearbeitet.)

Papa schreibt an Mama:

„Timo kommt in mein Bett. Ich sage, dass auf deiner Seite keine Decke ist. Timo antwortet in der Babystimme: ich schlüpf ja auch unter Deine!“

Erste Tage in der Schule

Lina tut sich schwer, morgens in die Klasse/ Schule zu gehen. Zwei Tage lief sie mit ihrer Nachbarsfreundin und es klappte prima. Heute, als ich sie begleite, kann sie sich am Schultor nicht von mir trennen. Weint, kommt erneut wieder aus dem Klassenraum gelaufen.
Mama: Magst du den Puschel in die Hand nehmen?
Lina: „Frau S. Sagt, ich soll ihn in den Ranzen packen und dann ist der Mut weg.“

Irgendwie schafft sie es doch. Am Nachmittag reden wir nochmal darüber. Lina hatte am Anfang der Woche mir schon erzählt, dass ihr das Trennen von mir so schwer fällt.
Mama: Was brauchst du, damit du besser in die Klasse kommst?
Lina: Ich weiß nicht, auf was ich mich freuen soll. Ich kenne noch niemanden, auf den ich mich freuen könnte. Darum fällt es mir so schwer.

Ursprünglich wäre ihre Gegenübernachbarin und Freundin mit ihr in die Klasse gegangen. Kurzfristig ist die Familie nun weggezogen und damit ein wichtiger Anker für Lina weggefallen.

Waren die ersten Tage in der Schule so schwer für Lina, weil sie Angst hatte, dass sie Aufgaben wie 100 plus 100 nicht beantworten kann, hat sich diese Versagensangst nun gelöst. Sie ist überrascht, dass sie so gut mitkommt und alle Aufgaben so gut lösen kann. Ihr Anspruch an sich selbst ist manchmal so unglaublich gemein.

Ich bin immer wieder überrascht, wie klar Lina über ihre Gefühle und Gedanken sprechen kann. Eine Lösung habe ich deswegen natürlich nicht parat. Irgendwie müssen wir die doofen Tage noch überbrücken. In der Betreuung hat sie bereits Kontakte geknüpft. In der Klasse noch nicht. Ich glaube, dann wird es ganz bestimmt leichter. Und solange muss vielleicht noch ein Kuscheltier heimlich im Ranzen Lina begleiten.

Bis kurzvorzweiundzwanzig Uhr

Irgendwann kommt dieser Punkt. Nach Abendessen, Badezimmer, Vorlesen, kuscheln und vielleicht einer kurzen Massage oder Hörbuchgeschichte da wird es ernst. Schlafenszeit. Meinen Mama und Papa. Timo ist da anderer Meinung. Und das tut er kund. Irgendwann auf den Wegepunkten zwischen Esstisch und Hörbuch passiert es. Meistens auf dem Weg ins oder ums Bad herum. Timo dreht auf. Und da gibt er alles. Zwischen Quatsch machen, „MeineBeinetunweh“-hinfallen, „Ichbinnochnichtmüde“, weglaufen, verstecken, Sitzblockade, …… sein Einfallsreichtum ist groß und vor allem laut und für die Alphatiere im Haus energieraubend.

Corona und die damit verbundenen psychische und physische Unausgelastetheit durch Kita-, Hobby-, Freunde- und Sportentzug tun ihr Übriges. Hat uns seine aktuelle Lautstärke, seine bohrenden Fragen und der restliche Redefluss noch nicht am Nervenkostüm gekratzt, jetzt tut es das.

Die Nerven liegen abends blank, die elterliche Zündschnur ist stark verkürzt.

So war es die Tage wieder soweit. Timo war wach, putzmunter, voller Energie und sämtlichen verbalen Kraft- und Machtkämpfen mit der Mama im vollen Umfang gewachsen.

Um 20:30 gab Mama entnervt auf und hatte noch eine einzige letzte Idee:

„Timo? Bist du noch fit?“

Dieser überrascht, was diese Frage den überhaupt sollte. Der Schlafanzug war vielleicht ein Zeichen der Tageszeit, aber doch keine Kapitulation. „Ja!“ (Mehr Worte braucht ein in sich gefestigter Timo in solchen Momenten nicht.)

„Zieh dich an, wir gehen raus“

– „So mit Schuhen, richtig raus?“

„Ohja, so richtig raus. Wir gehen jetzt Spazieren“. (In meinem Kopf klang das zu diesem Zeitpunkt noch mehr nach einer wahrwerdenden Drohung.)

„Ohja!“ freudig hüpfte er aus der Windel heraus und in den Trainingsanzug hinein. (Wenn es umgekehrt doch aus so schnell funktionieren würde) Ich kratzte sämtliche mentalen Energiereserven zusammen. Wut hatte ich genügend im Bauch.

Was folgte war tatsächlich ein…. Spaziergang kann man das nicht nennen. Dafür war es zu schnell…. eine Wanderung. Sowas zwischen 45 und 60 Minuten im strammen Schritt. Zumeist Hand in Hand. (Ist ja schon ein wenig unheimlich bei untergehender Sonne draußen). Die üblichen Pausenpunkte ließ ich, der inneren Wut und überschüssigen Kinderenergie angemessen, ausfallen und wir liefen einfach durch. War ich auf ein knatschendes, müdes, sogar zu tragen müssendes Kind gefasst, hielt Timo erstaunlich tapfer durch. Selbst bei der Abschlussteigung. Die Wut in meinem Bauch verrauchte, die überschüssige Timoenergie lief sich ab. Und die körperliche Nähe durch die warme Kinderhand in meiner Hand tat uns beiden gut und versöhnte uns wieder.

Gegen *Kurzvorzehn* (!!!) und nach 10 Minuten zum zweitenmal im Bett liegend war Timo endlich eingeschlafen.

Ein Becher Freundlichkeit

Nach einem Tag mit viel Linaaaaa, neinjetzt dasgehtmiraufdenWecker, Kannstdunichtmal, nunhördochauf, Mussichschonwieder, ichärgeremich, Tränen und viel BUMMFIEDEL habe ich mich mit Lina versöhnt und gekuschelt. Der Kuschelakku war bei uns beiden leer.

Zur Versöhnung schenkte sie mir ein Wasserfarbengefärbtes Glas mit Freundlichkeit.

Das bleibt als Mahnmal erst mal stehen.

Wir haben ein verdammt hohes Niveau der Streitkultur.

Der krönende Abschluss

Lina gleich beim Mittagessen einem *dasWortmußnochErfungenwerden. Die Worte poltern nur so aus ihr heraus. Sie fragt, erzählt, kommentiert. Es wird für unsere Ohren anstrengend.

2 Pfannkuchen wandern nebenbei auch noch in ihren Bauch. Verziert mit diversen Essenkreation. 

Irgendwann bittet sie noch um einen Nachschlag aus Kirschen und Mamillesosse. 

„Lina wir machen jetzt einen Versuch. Dein Mund geht jetzt nur noch auf zum Essen. Es kommt nichts heraus, was mit einem Wort oder mit Sprache zu tun hat.“

Lina nimmt die Challenge an. Es fällt ihr sichtlich schwer. Tapfer isst sie Löffel für Löffel, genießt und wir genießen ebenfalls. Die Stille. Diese Ruhe.

2 genußvolle Minuten später wendet sie sich zu Oma, streckt ihr den Zeigefinger entgegen und sagt: „Oma, zieh mal am Finger!“

Touché

Papa: „Lina – räumt bitte noch Euer Zeug auf dem Boden auf bevor du mit Mama los fährst.“

Lina: „Warum?“

Papa: „Weil ich diese Unordnung nicht leiden kann.“

Lina zieht mürrisch ab und murmelt in ihren imaginären Bart: „Dann wirf doch mal einen Blick in deine Werkstatt.“

😳